Frauen planen Wohnungen

Projekttyp:

Frauengerechter Wohnungsbau

Standort:

Bergkamen

Projektierungsbeginn:

1989

Fertigstellung/ Erstbezug

1993

Kontakt:

info[at]wbg-luenen.de

www.wbg-luenen.de

Schwerpunkte:

Projekt der IBA Emscherpark für emanzipatorische Wohnformen, mit umfangreichem Beteiligungsverfahren

Besonderheit

Erster Wettbewerb, der sich ausschließlich an Architektinnen richtete. Auch das Preisgericht war ausschließlich mit Fachfrauen besetzt.

Eingang zur Wohnstraße (Foto: Uwe Grützner, Dortmund)
Stegverbindungen zwischen den Wohnzeilen (Foto: Uwe Grützner, Dortmund)
Ansichten zur Wohnstraße (Foto: Uwe Grützner, Dortmund)
Zwei Maisonnetten links EG/1.OG, rechts 1.OG und eine Einzelwohnung EG rechts (Pläne: Monika Melchior/Heinke Töpper, Bielefeld)
Rechts Maisonnette im 1./2. OG, links Einzelwohnung im 2. OG (Pläne: Monika Melchior/Heinke Töpper, Bielefeld)
Projektbeteiligte:
Initiatorin:

Gleichstellungsstelle Bergkamen

Eigentum:

Wohnungsbaugenossenschaft Lünen eG

Architektur:

Monika Melchior, Heinke Töpper, Bielefeld

Kooperation:

IBA Emscher Park GmbH, Stadt Bergkamen, Arbeitskreis „IBA und Frauen“

Umfang:
Projektumfang:

Mietwohnungsneubau auf einem 3.680 m² großen Grundstück.

Wohnungen:

27 Wohneinheiten mit ein bis fünf Zimmern und 46 m² bis 108 m².

Gemeinschaftsflächen:

Eine Wohnung mit 86 m² wurde bis 2005 als Gemeinschaftseinrichtung (Gästewohnung oder Gemeinschaftsraum) genutzt.

Kosten/Mieten:

Gesamtkosten: 5,7 Mio DM.

Baukosten: 2.400 DM pro m² Wohnfläche.

Baunebenkosten: 370 DM pro m² Wohnfläche.

Anfangsmiete (1993): 7,20 DM pro m² (Nettokaltmiete).

Finanzierung:

Gefördert im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus, 1. Förderungsweg.

Ziele/Motivation:
Zielgruppen:

Alleinerziehende und ältere Frauen, die allein oder in einer Wohngemeinschaft leben wollen, Frauen aus dem Frauenhaus sowie Familien.

Zielsetzungen:

Das Projekt soll zur Entwicklung neuer Wohnformen, die sich vor allem an den Lebens- und Wohnbedürfnissen von Frauen orientieren, beitragen. Die Wohnungsgrundrisse sollten so entwickelt werden, dass sie unterschiedlichen Nutzungsstrukturen und so den Wohnbedürfnissen von Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen gerecht werden.

Partizipation:

Die Beteiligung der Mieterinnen am Planungs- und Umsetzungsprozess war ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens. Bereits in der Entwurfsphase wurden die Wünsche der zukünftigen Nutzerinnen ermittelt und in die Planung einbezogen. Um Mieten zu erreichen, die für die Mieterinnen tragbar sind, wurden die Wohnungsgrößen des Wettbewerbsentwurfes reduziert. Die variablen Wohnungsmischungen erlaubten eine Mitauswahl von zukünftigen Nachbarschaften. Die Mieterinnen konnten über die Größe und Ausgestaltung der Küchen und Bäder mit entscheiden sowie Fliesen, Bodenbeläge und Tapeten nach Mustervorgabe selbst auswählen. Ferner wurden Farbkonzepte zur Fassadengestaltung zur Auswahl gestellt. Gemeinschaftsräume, Außenanlagen und Spielplatz konnten von den zukünftigen Mieterinnen ebenfalls gemeinsam gestaltet werden.

Architektur/Städtebau:
Lage:

Das Projekt ist zwischen den Versorgungszentren „City“ und „Nordberg“ gelegen und soll zur geplanten neuen Stadtmitte Bergkamens beitragen. Das Rathaus und der Marktplatz befinden sich in fußläufiger Entfernung. Es besteht eine unmittelbare Anbindung an einen Kindergarten, zu öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Versorgungseinrichtungen.

Gebäude:

Das Projekt besteht aus zwei lang gestreckten, 3-geschossigen Baukörpern mit vorgelagerten privaten Gärten im EG sowie Maisonnettewohnungen mit zwei Bädern und zwei Wohnungseingängen, die eine Teilung der Wohnungen möglich machen. Die Wohnungen im 1.OG verfügen über einen Balkon, die Dachgeschosswohnungen über eine Dachterrasse. Weitere Entwurfsprinzipien waren die Herstellung annähernd gleich großer Räume sowie die Möglichkeit zur wechselweisen Zuschaltung eines weiteren Raumes.

Außenanlagen:

Offene Treppenhäuser und Erschließungsbrücken verbinden die Gebäudezeilen zum Innenhof mit einem öffentlichen Weg und schaffen Möglichkeiten zur Kommunikation. Es wurde eine einsehbare und ebenerdig von der Ebertstraße befahrbare Sammelgarage eingerichtet. Beide Kopfbauten an der Ebertstraße erzielen mit der Einrichtung eines zentralen Platzes eine städtebauliche Aufwertung des Wohnumfelds. Ein Spielplatz und der Erschließungsweg zwischen den Gebäudezeilen bieten wohnungsnahe Spielmöglichkeiten für die Kinder.

Chronik

1989: Die Tagung „Frauen und Stadterneuerung“ gibt wichtige Impulse für die konkrete Projektidee

1990: Städtebaulicher Realisierungswettbewerb „Frauen planen Wohnungen“, ausgelobt von der Stadt Bergkamen in Zusammenarbeit mit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA)

1993: Fertigstellung

Entwicklung seit Beginn:

Die Gemeinschaftswohnung wurde nicht angenommen und wird inzwischen als normale Wohnung genutzt.

Umsetzung feministischer Planungskonzepte im Projekt

• Architektinnenwettbewerb als Planungsgrundlage

• Partizipation (Wohnungen und Gemeinschaftsflächen)

• Schaffung von Wohnraum für verschiedene Nutzungsbedürfnisse

• Veränderbarkeit der Wohnungen durch Schalträume

• Teilbarkeit der zweigeschossigen Wohnungen (zwei Eingänge)

• annähernd gleich große Wohnräume, d. h. Abschaffung der Hierarchien und Funktionszuweisungen einzelner Räume

• Aufwertung der Küche durch Lage, Größe und Gestaltung, abtrennbar und doch zentral

• gute Belichtung aller Räume, auch des Badezimmers

• konfliktfreie Nutzung des Bades (getrenntes WC)

• vielfältige Abstellmöglichkeiten in der Wohnung

• gut zugängliche Abstellflächen für Fahrräder und Kinderwagen

• Kommunikative Gestaltung der halböffentlichen Freibereiche

• wohnungsnahe Spielmöglichkeiten

• Sicherheit durch am Abend gut beleuchtete Wohnanlage und einsehbare, natürlich belichtete Stellplätze

• Nähe zu Kinder- und Versorgungseinrichtungen und zum ÖPNV

Quellen:

Boljahn, Urte (1995): Bauen und Wohnen aus Frauensicht – Alternativen im sozialen Wohnungsbau. Niedersächsisches Frauenministerium (Hg.) Hannover, S. 20-22

Breckner, Ingrid/Kirchmair, Andrea (Hg.) (1995): Innovative Handlungsansätze im Wohnbereich. Dortmund, S. 72-74

Internationale Bauausstellung Emscher Park (Hg.) (1994): Emscher Park Informationen Themenhefte 2/1994 und 7/1994

Internationale Bauausstellung Emscher Park (Hg.) (1992): Emscher Park Wettbewerbe 7, Dokumentation - Städtebaulicher Realisierungswettbewerb „Frauen planen Wohnungen“. Gelsenkirchen

Metzner, Monika (1994): „Aber rechnen muss es sich“. In: Frankfurter Rundschau v. 11.06.1994

Rabenschlag, Anne (1993): IBA Emscher Park: Ein Wettbewerb für Frauen realisiert in Bergkamen „Frauen planen Wohnungen“ In: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.): Neue Wohn- und Siedlungsformen – Impulse aus Frauensicht – Dokumentation des Symposiums des Beirats für frauenspezifische Belange bei der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen Berlin 29./30. Januar 1993. Berlin, S. 74-80

Reumke, Christiane (1991): Frauen planen Wohnungen – Städtebaulicher Realisierungswettbewerb der Stadt Bergkamen im Rahmen der IBA Emscher Park. In: Stadt Leverkusen Frauenbüro (Hg.): Frauengerechte Stadt- und Wohnungsplanung in Leverkusen – Dokumentation der Tagung vom 29. November 1991. Leverkusen, S. 35-41

Sauerwein, Ruth (1994): „Konfliktarmes Wohnen“. In: FREITAG v. 11.12.1994

Töpper, Heinke (1994): „Frauen planen Wohnungen“. In: Baukultur 4/94, S. 16-17