Olga Rabiata

Projekttyp:

Autonome Frauenwohnprojekte

Standort:

Hamburg

Projektierungsbeginn:

1990

Fertigstellung/ Erstbezug

1996

Kontakt:

Beata Huke-Schubert

info[at]huke-schubert.de

www.huke-schubert.de

Schwerpunkte:

Frauen-Groß-WG mit Kindern im Eigentum einer alternativen Dachgenossenschaft

Straßenansicht von Südosten
Blick in den Hof mit der Kita
Eine ruhige grüne Wohnstraße mit kleinteiliger Bebauung
1. OG mit Dachterrasse auf dem Kita-Gebäude (Plan: Beata Huke-Schubert, Hamburg)
2. und 3. Obergeschoss - Wohnungen für Groß-WG (Plan: Beata Huke-Schubert, Hamburg)
Projektbeteiligte:
Initiatorin:

Frauen aus der Hausbesetzerszene, die den Verein Olga Rabiata e. V. gegründet haben

Eigentum:

Wohnungsbaugenossenschaft Ottenser Dreieck eG

Architektur:

Beata Huke-Schubert, Hamburg

Umfang:
Projektumfang:

 

Wohnungen:

Das Projekt umfasste anfangs eine einzige Wohnung über mehrere Etagen mit 690 m², die von einer Groß-Wohngemeinschaft bewohnt wurde.

Seit einigen Jahren ist die WG verkleinert und drei Einzelwohnungen sind abgetrennt.

Gemeinschaftsflächen:

Der Gemeinschaftsraum ist Wohnzimmer und Wohnküche für die Bewohnerinnen und wird als Teil des Wohn-Bereiches genutzt. 

sonstige Flächen:

Eine Kindertagesstätte im EG für 60 Kinder.

Eine Wohnung mit 110 m², die von einer betreuten Mädchen-WG bewohnt wird, und mit dem Projekt nichts zu tun hat.

Kosten/Mieten:
Finanzierung:

Sozialer Wohnungsneubau (1. Förderweg) auf einem in Erbpacht überlassenen städtischen Grundstück. Die Erbpacht wurde für 75 Jahre an die Genossenschaft Ottenser Dreieck eG, die 1993 unter anderem von dem Projekt „Frauen leben zusammen“ gegründet wurde, vergeben. Die Vergabe des Grundstücks für das Wohnprojekt Olga Rabiata war an die Bedingung der gleichzeitigen Errichtung der Kindertagesstätte gebunden.

Ziele/Motivation:
Zielgruppen:

Feministische Frauen, die miteinander und mit Kindern leben wollen.

BewohnerInnenstruktur:

Anfangs wurde die Groß-WG von 18 Frauen und 6 Kindern bewohnt, nach der Aufteilung besteht die WG aus 8 Frauen und 3 Kindern. In den Einzelwohnungen wohnt je eine Frau mit insgesamt 1 bzw. 2 Kindern.

Zielsetzungen:

Die Frauen sind mit dem Ziel angetreten, die Vereinzelung und Isolierung allein lebender und allein erziehender Frauen aufzuheben und durch die Unterstützung in der Gemeinschaft mehr individuelle Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Um kollektiv leben zu können, wollten die Initiatorinnen keine kleinen getrennten Wohneinheiten, sondern Zimmer für jede Person, eine Gemeinschaftsküche, einen Gemeinschaftsraum und eine Kinderetage. Für die Projektgruppe ist das Wohnprojekt ein erster Schritt zur selbständigen Organisation und Vernetzung von Frauen auf einem Weg in eine herrschaftsfreie Gesellschaft, gegen Männergewalt, Frauenverachtung und herrschende Rollenbilder. Das Wohnprojekt soll auch – über die Bewohnerinnen hinaus – Frauen Raum bieten zur Formulierung und Durchsetzung gemeinsamer Interessen, für politische Diskussionen und Veranstaltungen sowie für kulturellen Austausch.

Partizipation:

Die Baupläne wurden in enger Zusammenarbeit zwischen Olga Rabiata und der Architektin entwickelt. Der Wunsch der beteiligten Frauen nach einer Großwohngemeinschaft stieß zunächst auf erhebliche förder- wie mietrechtliche Hindernisse. Erst nach Nachweis der Rückbaubarkeit in sieben Einzelwohnungen zu akzeptablen Kosten konnte das Konzept der Nutzerinnen durchgesetzt werden.

Die Frauen verwalten das Projekt im Rahmen der Genossenschaft selbst, sind auch im Vorstand der Genossenschaft vertreten. Über neue Bewohnerinnen entscheiden sie völlig autonom.

Architektur/Städtebau:
Stadtplanung:

 

Lage:

Das Projekt liegt im südlichen Bereich des Stadteils Ottensen in Hamburg-Altona unmittelbar neben einer kleinen Parkanlage und in fußläufiger Entfernung zum Geschäftszentrum Ottensen/Altona einerseits und dem nördlichen Elbufer, einer attraktiven Park- und Grünanlage, andererseits, zu der allerdings eine viel befahrene Ausfallstrasse überquert werden muss. Die Anbindung an den ÖPNV ist sehr gut.

Gebäude:

Ein 4-geschossiger Neubau mit einem 1-geschossigen Anbau (Kita). Die Wohngemeinschaftswohnung ist auf drei Geschosse einschließlich Staffelgeschoss verteilt, sie verfügt über ein internes Treppenhaus. Die Wohnung kann bei Bedarf in sieben Einzelwohnungen zurück gebaut werden. Ein Teil dieses Rückbaus ist bereits erfolgt.

Der Wunsch nach Barrierefreiheit konnte aus Kostengründen nicht realisiert werden.

Außenanlagen:

Das Projekt hat keinen Garten, jedoch 3 Dachterrassen, deren eine dem Gemeinschaftsraum zugeordnet, sehr groß und extensiv begrünt ist und als Gartenersatz genutzt werden kann.

Ökologie:

Energiesparende Maßnahmen (z. B. hohe Wärmedämmung) führen zu einem geringen Wärmebedarf. Auf dem Dach der Kindertagesstätte wurde mit einer intensiven Dachbegrünung ein Garten für die Bewohnerinnen des 1. Obergeschosses angelegt.

Chronik

1990: Gründung des Vereins „Olga Rabiata e. V.“ (benannt nach der jüdischen, vom Naziregime ermordeten Antifaschistin und Widerstandskämpferin Olga Benario)

1992: Bewerbung um das Grundstück Fischersallee, Entwicklung erster Baupläne zusammen mit der Architektin

1996: Fertigstellung

Umsetzung feministischer Planungskonzepte im Projekt

• Schaffung von Wohnraum für eine Frauen-Großwohngemeinschaft

• Planung durch eine Architektin unter Einbezug der Bewohnerinnen

• selbständige Organisation von Frauen

• langfristige Sicherung als Frauenraum (eigene Genossenschaft)

• Gemeinschaftseinrichtungen (Gemeinschaftsküche, Gemeinschaftsraum, Dachterrasse)

• nahezu gleich große Wohnräume

• gute Infrastruktur und ÖPNV-Anbindung

Weitere Projekte der Initiative:

Frauen leben zusammen, Hamburg|11

Quellen:

Bura, Josef/Zillmann, Kerstin (1995): Experimenteller Wohnungs- und Städtebau. Forschungsfeld: Wohnsituation Alleinerziehender und allein stehender Schwangerer in Notlagen. Modellvorhaben: Alleinerziehenden-Selbsthilfeprojekte in Hamburg-Altona. Endbericht, Hamburg, S. 60-63
Huke-Schubert, Beata (o. J.): Projektdokumentation
Olga Rabiata e. V. (o. J.): Flugblatt